Vom Wald auf den Teller: Die globale Faszination der Wildpilze

Ein kulinarisches Abenteuer

Für viele Menschen, insbesondere in Regionen wie der chinesischen Provinz Yunnan, gleicht die Pilzsuche einem spirituellen Abenteuer. Doch auch hierzulande gelten Wildpilze als eine besondere kulinarische Delikatesse. Allen voran der Pfifferling: Sein würziger, leicht pfeffriger Geschmack passt hervorragend zu Nudeln, Klößen, Reis sowie zu Ei- und Fleischgerichten.

Die deutsche Saison: Der Pfifferling

Da Pfifferlinge nicht kultiviert werden können, ist ihre Verfügbarkeit saisonal stark begrenzt. Je nach Wetterlage beginnt die Saison meist Ende Juni und dauert bis in den Oktober. In dieser Zeit wachsen die Pilze in den Wäldern und sind im Handel erhältlich. Wer selbst sucht, hat nach warmen Regengüssen oft Glück. Da die Pilze in Deutschland unter Naturschutz stehen, stammt die im Handel erhältliche Ware überwiegend aus dem Ausland, meist aus Ost- und Südeuropa. Das Sammeln für den Eigenbedarf ist in geringen Mengen jedoch gestattet.

Frische erkennen und richtig lagern

Beim Kauf ist wegen der oft langen Transportwege Vorsicht geboten. Frische Pfifferlinge erkennt man an ihrem Aussehen und Geruch: Sie sollten dottergelb und fest sein, keine ausgetrockneten, feuchten oder bräunlichen Stellen aufweisen und idealerweise leicht nach Aprikosen duften. Ein unangenehmer Geruch deutet auf verdorbene Ware hin. Pilze mit schimmeligen Stellen dürfen keinesfalls mehr verzehrt werden, da sie Durchfall und Erbrechen auslösen können – eine Gefahr, die oft unterschätzt wird. Pilzvergiftungen durch verdorbene Speisepilze kommen häufiger vor als durch Giftpilze. Nach dem Kauf sollten die Pilze sofort zubereitet oder locker und luftig im Kühlschrank, etwa auf Küchenpapier, gelagert werden. So halten sie sich etwa drei Tage.

Tipps für die Zubereitung

Vor dem Genuss steht die Reinigung. Pfifferlinge sind oft mit Sand und Erde behaftet. Da sie sich schnell mit Wasser vollsaugen und dabei ihr Aroma verlieren, sollte man sie möglichst trocken reinigen, etwa mit einer kleinen Bürste, einem Küchenpinsel oder einem weichen Tuch. Druckstellen und die unteren Stielenden werden abgeschnitten. Bei starker Verschmutzung hilft der „Mehl-Trick“: Die Pilze mit etwas Mehl in einen Gefrierbeutel geben und kräftig schütteln. Das Mehl bindet den Sand. Anschließend werden die Pilze kurz in einem Sieb abgespült und schnell verarbeitet.

Das Braten und Garen

Pfifferlinge dürfen niemals roh gegessen werden, da sie schwer verdaulich sind und Schadstoffe enthalten können. Sie müssen stets gut gegart werden. Besonders gut schmecken sie gebraten: Dazu wird Butter, Öl oder Speck in einer ausreichend großen Pfanne stark erhitzt. Die Pilze hineingeben und zunächst kurz scharf anbraten, ohne sie sofort zu schwenken. Erst dann wenden und erneut kräftig braten. Zwiebeln oder Schalotten sollten erst zum Schluss hinzugefügt werden, ebenso Salz und Pfeffer. Für eine cremige Soße können die angebratenen Pilze aus der Pfanne genommen, die Zwiebeln mit Mehl bestäubt und anschließend mit Milch oder Sahne abgelöscht werden.

Von Yunnan in die Welt

Diese tiefe Verbindung zu Wildpilzen ist ein globales Phänomen. In Peking hebt die 33-jährige Köchin Zhang Yunjia, eine gebürtige Yunnanerin, diese Leidenschaft auf ein neues Niveau. In ihrem Restaurant „Under Clouds Green“ lädt sie die Gäste auf eine sensorische Reise ein, die tief in den Traditionen ihrer Heimat verwurzelt ist und den flüchtigen Herbst der Hauptstadt einfängt. Jedes Detail ihres Menüs, von Saucen, mit denen die Gäste „malen“ können, bis hin zu Miniaturlandschaften, spiegelt ihre Kunstfertigkeit wider.

Eine Köchin folgt ihrem Herzen

Zhangs Weg in die Profiküche war nicht geradlinig. Aufgewachsen in Kunming, der Hauptstadt Yunnans, wo opulente Mahlzeiten ein Symbol der Verbundenheit waren, studierte sie zunächst Buchhaltung in den USA. Doch die Freude, die sie beim Kochen in einer Freiwilligenküche empfand – „zu sehen, wie ‚aufgegebene‘ Zutaten zu neuem Leben erwachen“ – wog schwerer als jedes Buchhaltungsproblem. Nach ihrem Abschluss und einer zusätzlichen Kochausbildung in französischer Küche in Großbritannien kehrte sie 2018 nach China zurück, um ihrer wahren Berufung zu folgen.

Die Essenz Yunnans auf dem Teller

Letztes Jahr tat sie sich mit Zhang Bensheng zusammen, um „Under Clouds Green“ zu gründen, ein pflanzenbasiertes Fine-Dining-Konzept. Ihr aktuelles Herbstmenü, bestehend aus 15 Gerichten, ist eine Ode an die Pilze. Zhang Yunjia kombiniert Wildpilze aus Yunnan mit Bio-Produkten aus Pekinger Farmen. „Die Schönheit der Yunnan-Küche liegt in der unglaublichen Vielfalt der Zutaten und Gewürze“, sagt Zhang. Sie balanciert „Raffinesse mit Wildheit“, indem sie auf traditionelle Kochtechniken der ethnischen Gruppen Yunnans wie Fermentation, Räuchern und Salzen zurückgreift.

Kunst, Logistik und Tradition

Der Aufwand ist immens. Zwei Drittel der Zutaten reisen über 2.000 Kilometer aus Yunnan an, oft mehrmals pro Woche. Einige Delikatessen, wie Gras-Sprossen, überstehen den Transport nach Peking kaum. Andere Zutaten, darunter eine Vielzahl von Wildpilzen, treffen jedoch morgens ein, werden nachmittags zubereitet und abends frisch serviert. Die Gerichte sind oft wahre Kunstwerke, wie eine Kreation, die von einem botanischen Gemälde inspiriert ist und Maitake-Pilze sowie Blumenkohl-Pilze verwendet, um die Form einer Blume nachzubilden. Für Zhang ist Fine Dining eine Sprache, um die Essenz jeder Zutat präzise auszudrücken und das reiche kulinarische Erbe ihrer Heimat zu bewahren und an die nächste Generation weiterzugeben.