Milliardeninvestitionen in Deutschlands Infrastruktur: Google setzt auf KI, Bund prüft TenneT-Einstieg
Deutschland steht vor massiven, parallelen Investitionen in seine Kerninfrastruktur. Während der Technologiekonzern Google am Dienstag ein neues 5,5-Milliarden-Euro-Paket für den Ausbau seiner digitalen Kapazitäten, insbesondere im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI), bis 2029 ankündigte, prüft die Bundesregierung einen strategischen Einstieg beim wichtigsten deutschen Stromnetzbetreiber TenneT. Für eine mögliche Beteiligung sind bis zu 7,6 Milliarden Euro im Bundeshaushalt vorgesehen.
Googles Digital-Offensive in Hessen und Bayern
Der Löwenanteil der Google-Investitionen, die im Zeitraum 2026 bis 2029 fließen sollen, zielt auf den Ausbau der Cloud- und KI-Infrastruktur. Geplant ist der Bau eines gänzlich neuen Rechenzentrums in Dietzenbach (Hessen) sowie der fortlaufende Ausbau des bestehenden Rechenzentrums-Campus in Hanau, der 2023 eröffnet wurde. Parallel dazu sollen die Bürostandorte in Berlin, Frankfurt und München erweitert werden.
Mit diesen Maßnahmen stärkt Google seine deutschen Cloud-Regionen, die Teil eines globalen Netzes von 42 Standorten sind. Ziel ist es, Unternehmen wie Mercedes-Benz oder Koenig & Bauer leistungsstarke und latenzarme Dienste für deren eigene KI-Lösungen anzubieten, etwa über die Plattform Vertex AI mit Gemini-Modellen. Google prognostiziert, dass diese Investitionen bis 2029 im Schnitt jährlich 1,016 Milliarden Euro zum lokalen Bruttoinlandsprodukt beitragen und rund 9.000 Arbeitsplätze stützen könnten.
Fokus auf Energieeffizienz und Nachhaltigkeit
Ein derartiger Ausbau erfordert erhebliche Energiemengen. Google kündigte daher zeitgleich die Erweiterung seiner 24/7 Carbon-Free Energy (CFE) Partnerschaft mit dem Energieversorger Engie bis 2030 an. Engie stellt ein flexibles Portfolio aus neuen deutschen Onshore-Wind- und Solarprojekten sowie Speicherlösungen (Batterien, Wasserkraft) bereit. Integriert wird auch der Strombezug aus dem Ørsted-Offshore-Windpark Borkum Riffgrund 3. Das Ziel: Googles deutsche Standorte sollen bereits 2026 zu 85 % CO2-frei betrieben werden.
Darüber hinaus startet Google in Dietzenbach sein erstes Projekt zur Abwärmenutzung in Deutschland. In Kooperation mit der Energieversorgung Offenbach (EVO) soll die Restwärme des neuen Rechenzentrums in das lokale Fernwärmenetz eingespeist werden und so künftig über 2.000 Haushalte versorgen. Flankiert werden die Investitionen durch lokales Engagement, etwa bei der MINT-Förderung in Hanau und dem Schutz des Torfgebiets Büttelborner Bruchwiesen in Hessen durch die NABU-Stiftung.
Staat prüft Einstieg ins Stromnetz
Fast parallel zu Googles Ankündigung wurden Pläne der Bundesregierung für eine massive Investition in die Energie-Infrastruktur bekannt. Wie ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums am Mittwoch bestätigte, prüft der Bund den Erwerb einer Minderheitsbeteiligung von 25,1 % an der deutschen Sparte des niederländischen Stromnetzbetreibers TenneT. Mit über 14.000 Kilometern Leitung ist TenneT Deutschland der größte Betreiber von Hochspannungstrassen im Land. Der Ausbau dieser Netze ist ein zentraler Baustein der Energiewende, um Strom aus erneuerbaren Quellen dorthin zu transportieren, wo er gebraucht wird.
7,6 Milliarden Euro für TenneT vorgesehen
Für den potenziellen Anteilserwerb sind erhebliche Mittel eingeplant. Einem Dokument des Finanzministeriums zufolge sollen bis zu 7,6 Milliarden Euro bereitgestellt werden. Für das Jahr 2026 sind zunächst 102 Millionen Euro vorgesehen, die restlichen 7,48 Milliarden Euro als Verpflichtungsermächtigungen für die Folgejahre. Diese Mittel sind aktuell jedoch haushaltsrechtlich gesperrt und müssen erst vom Haushaltsausschuss freigegeben werden.
Das Wirtschaftsministerium sieht in dem Schritt „Potenzial für eine wirtschaftlich sinnvolle Investition“, um eine stabile Finanzierungsstruktur für den dringend benötigten Netzausbau zu sichern. Der Bund hält bereits Beteiligungen an den Netzbetreibern TransnetBW und 50Hertz. Sollte der Erwerb über die staatliche Förderbank KfW erfolgen, würden laut Ministerium ohnehin nur Refinanzierungskosten im niedrigen dreistelligen Millionenbereich den Haushalt direkt belasten.